Rechtliche Hinweise

Rechtliche Hinweise für den Besuch des STOP DEPORTATION! PROTEST CAMP

!Dieser Flyer beansprucht keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es wird auf dem Camp weitere Workshops, Beratungsangebote und Infomaterial zu rechtlichen Themen geben!

1. Anreise

Die Teilnahme an einem angemeldeten Protestcamp ist für fast alle Menschen rechtlich unproblematisch und wird wie die Teilnahme an einer normalen Kundgebung behandelt. Es werden auf dem Camp ausdrücklich keine direkten Aktionen geplant oder ausgeführt, die uns in Konflikt mit dem Gesetz bringen könnten. Leider müssen wir dennoch davon ausgehen, dass die Polizei Menschen bei der Anreise, auch wenn diese bereits durch das Versammlungsrecht geschützt ist, kontrolliert und durchsucht. Insbesondere als BIPoC kannst du durch das zwar rechtswidrige aber regelmäβig angewendete Racial Profiling betroffen sein. Komm zu deiner eigenen Sicherheit am besten immer mit einer Gruppe an. Genaue Infos zur sicheren Anreise folgen.

2. (Rassistische) Polizei-Kontrollen:

  • Check vor dem Losgehen unbedingt alle deine Taschen und stelle sicher, dass du nichts “Illegales” (Drogen, Messer, etc.) dabei hast. Das Mitführen von Waffen, selbst einem Taschenmesser stellt auf politischen Versanstaltungen eine Straftat dar!
    Die Konsequenzen bei strafrechtlicher Verfolgung können insbesondere für Personen mit prekärem Aufenthaltsstatus sehr bedeutsam sein. Wenn gegen dich Anklage erhoben wird, informiert die Polizei oder Staatsanwaltschaft die Ausländerbehörde darüber. Verurteilungen wegen Straftaten können z.B. die Erteilung und Verlängerung von Duldungen erschweren und deinen Aufenthaltsstatus gefährden.
  • Auch Handys sind aus verschiedenen Gründen für die Polizei interessant. Richte unbedingt eine Sperre ein.
  • Du solltest der Maßnahme laut und deutlich widersprechen, nach dem Grund der Kontrolle fragen und darauf hinweisen, dass du dich in deinem Grundrecht auf Versammlungsfreiheit verletzt siehst. Gib außer den Daten auf deinem Identitätnachweis (Vor- und Familienname, Geburtstag und -ort, Meldeadresse und Staatsangehörigkeit) keinerlei persönlichen Infos von dir preis. Die Teilnahme am Camp ist vollkommen legal. Es gibt keinen Grund, sich von der Polizei provozieren zu lassen.
  • Sei dir bewusst, dass eine Auseinandersetzung mit der Polizei gewaltsam verlaufen kann. Dies hat so gut wie immer negative Konsequenzen für dich. Bleib ruhig, kooperativ und cool. Bereits das “Losreißen” kann nach neuerer Gesetzgebung als “Widerstand” (Straftat!) gewertet werden.
  • Wenn du ohne deutschen Pass von der Polizei kontrolliert wirst, kann deine Aufenthaltserlaubnis in Deutschland überprüft werden. Dies geschieht normalerweise durch den Nachweis der Staatsangehörigkeit oder relevanter Dokumente (Aufenthaltserlaubnis, Duldung, Aufenthaltsgestattung, usw.).
  • Wenn du keinen Identitätsnachweis dabei hast, riskierst du von der Polizei zur Feststellung deiner Identität mit auf die Wache genommen werden!
  • Wichtiger Hinweis für Menschen ohne Papiere: Wenn die Polizei feststellt, dass du keine gültige Aufenthaltserlaubnis hast, kann sie dich festhalten und ein Strafverfahren gegen dich einleiten. Es besteht dann die Gefahr einer Ausweisung, die aktuell und in der Zukunft erhebliche Schwierigkeiten verursachen kann, z.B. bei der Beantragung von Visa. Besprich mögliche Konsequenzen mit deinen Freund*innen.

3. Was tun, wenn die Polizei dich mitnimmt:

  • Auf der Wache hast du das Recht auf 2 erfolgreiche Anrufe, die dir zustehen. Ruf unbedingt das Legaltelefon der Camp-Orga (Nummer: 030-863214060) oder, falls du hast, deine*n Anwält*in an. Die Polizei muss dir mitteilen, wo sie dich hingebracht hat und was sie mit dir vorhat. Gib am Telefon unbedingt deinen Namen und Geburtsdatum an oder die Vorgangsnummer (diese muss die Polizei dir auch sagen)! Wir kümmern uns darum, dir (rechtlichen) Support zu organiseren und dich von der Wache, notfalls auch vom Gericht, abzuholen. Schreibe dir die Nummern auf den Arm oder ein Körperteil oder lerne sie auswendig, nur für den Fall der Fälle.
  • Ruf das Legalphone bitte noch einmal an, wenn du wieder rausgelassen wurdest
  • Verweigere unbedingt jede Aussage! Im Nachhinein kann alles gegen dich verwendet werden. Du musst alleine keine Aussage gegenüber der Polizei machen und solltest es auch unbedingt vermeiden. Wenn du das Gefühl hast, du möchtest etwas sagen, dann gib an, dass du nur mit anwaltlichem Beistand eine Aussage treffen wirst.
  • Nichts unterschreiben!
  • Kann die Polizei deine Identität nicht ermitteln, kann es sein, dass sie dich erkennungsdienstlich (ED) behandelt. D.h. sie macht Fotos von dir, nimmt Fingerabdrücke und erfasst körperliche Mermale (Augenfarbe, Narben, Tattos, etc.).
  • Du hast das Recht auf die Toilette zu gehen und etwas zu trinken zu bekommen. Wenn du länger festgehalten wirst, dann musst du auch mit Essen und Medikamenten versorgt werden.
  • Leider hast du kein Recht auf eine*n Dolmetscher*in. Gehe davon aus, dass die Polizei noch nicht einmal englisch spricht.

4. Polizei auf dem Camp

  • Wir können leider nicht einschätzen, ob die Polizei einen Grund findet, auf dem Camp selber präsent zu sein. Da wir den Behörden mit Sicherheit ein Dorn im Auge sind, wird es aber wahrscheinlich Zivilpolizist*innen geben, die sich dort einen Überblick verschaffen.
  • Sei wachsam und melde bitte jede Polizeikontrolle sowie den Verdacht von Zivis an die Camporga.

5. Teilnahme an der Demo:

  • Für die Teilnahme an der Demo am Montag gilt dasselbe wie schon beschrieben.
  • Solltest du mitgenommen werden, ruf ebenfalls das Legaltelefon an. Sag wer du bist (Name, Geburtsdatum oder Vorgangsnummer), wo du bist und was die Polizei mit dir vorhat.

6. Nach dem Kontakt mit der Polizei:

  • Gib (rassistische) Polizeikontrollen bitte an die Camporga weiter, damit wir einen Überblick darüber bekommen, in welchem Umfang wir mit dem Problem zu tun haben.
  • Mach ein Gedächtnisprotokoll über das, was dir widerfahren ist.
  • Wenn es dir nach dem Kontakt mit der Polizei schlecht geht, dann zögere nicht, unser Awareness-Team anzusprechen oder anzurufen (0152-10128593, BIPoC: 0152-15125995). Es gibt einen BIPoC, einen Flinta*- und einen TINA-Space, wo Menschen sind, die sich um dich kümmern können.
  • Wir versuchen rechtliche Unterstützung bei Fragen oder Unsicherheiten zu geben. Auch dann, wenn du nach dem Camp rechtliche Folgen tragen musst.

7. Hinweise für non-BIPoC bei rassistischen Kontrollen:

  • Nutze deine Privilegien und steh der kontrollierten Person solidarisch zur Seite.
  • Bleib auch du cool und eskaliere die Situation nicht unnötig. Provozier auch die Polizist*innen nicht!
  • Lass dich von der Polizei nicht abwimmeln und achte darauf, wie es der Person geht
  • Frage die Person, ob du etwas tun kannst und ob du dabei bleiben sollst
  • Dokumentiere rassistische Polizeipraktiken (z.B. durch Gedächtnisprotokolle) und beachte rechtliche Aspekte beim Filmen, wie das Einholen des Einverständnisses der betroffenen Person oder das Unkenntlichmachen des Gesichts. Frage die Betroffenen, wie du mit dem Material umgehen sollst, und sende die Aufnahmen bei Einverständnis zum Beispiel an KOP Berlin. Informiere bitte auch die Camp-Orga.
  • Sollte die Person mitgenommen werden, lass dir ihren Namen und ihr Geburtsdatum sagen und ruf unbedingt das Legaltelefon an. Versuche herauszufinden, wo die Person hingebracht wird.

Das Allerwichtigste in Kürze bei Polizeikontrollen und Gewahrsamnahmen:

  • Allem widersprechen
  • Ruhig und freundlich bleiben
  • Aussage verweigern
  • Nichts unterschreiben
  • Bei Mitnahme Legaltelefon anrufen (Nummer: 030-863214060)
  • Bei Freilassung nochmal das Legaltelefon anrufen